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Was bedeutet Armut für Frauen in der WfbM?

Am 2.12. fand in Bremen der Fach-Tag "Armut und Behinderung" statt.
Martina Dammaschke ist Frauen-Beauftragte der Elbe-Weser-Welten.
Und sie ist Vorstandsfrau vom Bundesnetzwerk
der Frauen-Beauftragten in Einrichtungen
- Starke.Frauen.Machen. e. V.

Hier können Sie den Vortrag etwas gekürzt lesen:

Armut bedeutet für mich nichts anderes,
als Barrieren zu haben
und zwar in erster Linie in der Lebensqualität.

Denn Frauen die in einer Werkstatt arbeiten,
verdienen, ebenso wie die Männer, nur einen sehr geringen Lohn.

Zusätzlich haben sie es in vielerlei Hinsicht
auch noch viel schwerer als ihre männlichen Kollegen,
da sie oftmals noch in elterlichen Verhältnissen wohnen.
Das liegt aus meiner Sicht häufig daran,
dass die Frauen von ihren Eltern eher behütet werden.
Sie erhalten oftmals gar nicht erst die Möglichkeit,
das Alleine-Leben zu lernen.

Wenn auch die Eltern der betroffenen Frauen finanziell an der Armutsgrenze leben,
wird der sehr geringe Werkstattlohn noch für die Haushaltskasse benötigt.

Somit kommt es manchmal vor,
dass den Frauen nur noch ein kleines Taschengeld bleibt.

Natürlich gibt es auch Frauen mit Behinderungen,
die alleine leben und eine gesetzliche Betreuung,
zum Beispiel in Vermögens-Angelegenheiten, haben.
Weil viele es zu Hause nicht gelernt haben, mit Geld richtig umzugehen.

Die Frauen bekommen dann, je nach Einzelfall,
ihr Geld monatlich, wöchentlich oder sogar täglich eingeteilt.
Es bleibt somit manchmal wenig Spielraum für eigene Kaufentscheidungen.

Ich selber habe es mehrfach erlebt,
dass ich über mein Geld nicht selbständig verfügen durfte.
Es kam zum Beispiel vor, dass ich von Freitag bis Montag ohne Geld auskommen musste,
weil eine Überweisung erst am Samstag auf dem Konto verbucht wurde
und ich keine Möglichkeit hatte, selber Geld von meinem Konto abzuheben.
Und am Samstag haben die gesetzlichen Betreuer Wochenende.

Es kam leider ebenfalls vor, dass ich im Krankenhaus lag,
Geld für Zigaretten gebraucht hätte
und es meine Betreuerin zeitlich nicht einrichten konnte, mir mein Geld zu bringen.

Doch auch im Punkt Freizeitgestaltung sind Frauen mit Behinderung sehr eingeschränkt,
da oftmals kein Geld übrig ist für kulturelle Erlebnisse
wie Schwimmen gehen, Museum, Kino usw.

Diese Dinge, die für andere Leute selbstverständlich sind,
sind für Frauen und Männer mit Behinderung purer Luxus.

Denn das Geld von der Werkstatt und vom Amt reicht oftmals grade so aus,
um durch den Monat zu kommen.
Oftmals können sie sich glücklich schätzen,
wenn sie am Monatsende noch 2.50 Euro übrig haben,
um sich noch ein Brötchen oder einen Kaffee leisten zu können.

Selbst wenn die Frauen genug Geld dafür hätten,
könnten sie viele Freizeitangebote nicht nutzen, da sie nicht barrierefrei sind.

Frauen mit Behinderung sind also ausgegrenzt von der Gesellschaft
und können oftmals nicht am normalen Leben teilhaben.

Wenn sie alleine leben, bleiben sie häufig zu Hause
und haben wenig soziale Kontakte.
Sie haben selten bis nie die Möglichkeit mal Urlaub
oder auch nur einen Wochenendausflug zu machen.

Frauen, die in Wohneinrichtungen wohnen,
haben oftmals noch etwas mehr Glück.
In den Einrichtungen wird hin und wieder mal
etwas mit den Bewohnern unternommen
oder ein therapeutisches Angebot gemacht.
Wenn es sowas nicht geben würde,
würden auch diese Frauen nichts mehr erleben
und in ihrer Wohneinrichtung bleiben müssen.

Ich weiß, dass ich bisher ein sehr negatives Bild dargestellt habe.
Ich möchte aber auch noch positive Beispiele geben.

Ich finde es sehr gut,
dass es „Die Tafel“ gibt.
Sie ist eine große Hilfe für Menschen,
die mit sehr wenig Geld zurecht kommen müssen.

Und ich finde es sehr gut,
dass nach und nach mehr Organisationen entstehen,
die sich für echte Inklusion und Barrierefreiheit einsetzen
und dabei aktiv mitwirken.

Armut schränkt die persönliche Freiheit und Lebensqualität ein,
daher muss Armut bekämpft und abgebaut werden.

Da ich hier die Gruppe der Beschäftigten in WfbM vertrete,
fordere ich für diese Gruppe eine gerechtere Bezahlung.
Die Bezahlung muss die Wertschätzung des Arbeitseinsatzes deutlich machen.
Das tut ein Einkommen am untersten Existenzminimum nicht.

Zum Abschluss möchte ich ihre Aufmerksamkeit noch kurz auf ein weiteres wichtiges Thema lenken,
was aus meiner Sicht eng mit dem Thema Armut verknüpft ist:

Inklusion:

Wir reden alle immer von Inklusion,
dabei ist die in unseren Köpfen doch noch gar nicht richtig angekommen.

Erst wenn die Betroffenen angehört und einbezogen werden,
kann Inklusion gelingen.

Und aus meiner Sicht muss die Inklusion schon im Kindergarten beginnen
und nicht erst nach der Schule.

Martina Dammaschke

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